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Kapitel 19: Karls fahrender Laden

  Eine recht schlaflose Nacht sp?ter kontrolliere ich nach dem Essen meine Vorr?te. Laut Clara wird die Reise nach Nistelheim wohl etwa zwei Wochen dauern. Selbst wenn ich mit dem Rest sparsam umgehe, so reichen die Lebensmittel doch maximal für eine Woche. Eigentlich wollte ich vor dem Antritt meiner Reise die Kriegerin darum bitten, noch einmal Vorr?te aus Mirheim zu besorgen. Allerdings f?llt dieser Plan wohl jetzt ins Wasser. Selbst wenn die Kriegerin mit mir mitkommt, w?re es einfach zu riskant.

  Wir haben noch nicht weiter über den B?ren im Raum gesprochen. Clara sieht bescheiden aus. Sie hat wahrscheinlich die Nacht kein Auge zugekriegt. Die Kriegerin hat mir zumindest versprochen, mich in die richtige Richtung zu lotsen, unabh?ngig davon, wie sie sich entscheidet.

  Ein paar Stunden sp?ter kommen wir schlie?lich auf einen Trampelpfad an. “Wenn wir den Weg folgen, sollte Nistelheim früher oder sp?ter in Sicht kommen.” Ich drehe mich erstaunt zu der Kriegerin um: “Bist du dir sicher?”, frage ich sie. “Nein, bin ich nicht”, lautet die karge Antwort w?hrend sie an mir vorbei stapft. Ich überlege, sie noch einmal auf die Konsequenzen aufmerksam zu machen aber entscheide mich schlie?lich dagegen. Stattdessen folge ich Clara durch das Unterholz. Ein paar Stunden sp?ter kommen wir an Wegweisern vorbei. Allerdings ist auf den Schild jeweils nur ein Haus und ein weiteres Symbol eingeritzt. Ich h?tte ja erwartet, dass auch der entspreche Name des Dorfes ausgeschildert wird aber wenn ein Gro?teil der Menschen hier nicht lesen kann, w?re das wohl reinste Zeitverschwendung. Somit folgen wir also dem Schild, welches neben dem Haus eine Blume aufweist und wohl als Symbol für Nistelheim steht.

  Es sind mittlerweile einige Tage seit unserem Aufbruch von Ratbi’s H?hle vergangen. Wir kommen eher mittelm??ig gut voran. Spontane Regenf?lle zwingen uns zu Pausen oder machen das weitere Vorankommen zu einer rutschigen Angelegenheit. Dank der vielen, kleinen Flüsse, die es hier laut Clara wohl geben soll, haben wir zumindest keine Wasserprobleme.

  Natürlich war ich nicht unt?tig und habe in der Zwischenzeit ein wenig mit meinem neuen Zauber experimentiert. Das Schild besteht aus Fichtenrinde und hat eine rechteckige Form mit einem zugespitzten, unterem Ende. Es ist etwa so hoch und breit, wie mein Oberarm lang ist. Clara war von meiner Fertigkeit wenig beeindruckt, musste aber nach einem Schwerthieb feststellen, dass die dünne Rinde ganz sch?n robust ist. Allerdings hat mein kleines Schild mehrere Ecken und Kanten. Zu allererst w?re da die Reichweite des Zaubers. Es scheint so, als k?nnte ich aktuell die Schilder nur in einem Umkreis von drei Metern von mir beschw?ren. Auch k?nnen mehrere Schilder hintereinander beschworen werden. Jedoch bin ich nicht in der Lage, diese zu bewegen. Somit sind sie also eher schwebende Barrikaden. Die Gr??e und fehlende Beweglichkeit macht das Schild gegen Nahk?mpfer ziemlich nutzlos. Mit etwas Glück kann ich damit vielleicht einen Schwerthieb abwehren aber darauf werde ich mich ganz bestimmt nicht verlassen.

  Des Weiteren macht es die kleine Zauberreichweite es schwierig, ein Schild für jemand anderen zu beschw?ren. Auch sind 20 Mana pro Schild für mich aktuell nicht gerade wenig. Zweimal gezaubert und schon ist mein Mana fast aufgebraucht. Zum Glück ist Manabolzen so günstig zu wirken und da mir meine neue Klasse jede Menge Einsicht gew?hrt, sollte sich dieses Problem bald selbst beheben.

  Ich habe auch ausprobiert, ob man das System austricksen kann. Laut der Beschreibung braucht es 200 feindliche Projektile um das Rindenschild auf Level 2 zu bringen. Da ein Projektil ja quasi alles sein kann, habe ich Clara darum gebeten einfach Steine auf das Schild zu werfen. Allerdings wurde dieser Versuch nicht belohnt. Meine erste Vermutung war, dass es daran liegt weil es keine “feindlichen” Geschosse sind. Wir haben also unsere Gruppe einmal aufgel?st und es noch einmal probiert. Auch diesmal z?hlten die Steine nicht.

  W?hrend ich überlege, wo der Fehler in meinem Plan liegen k?nnte, legen wir eine Rast ein. Claras Stimmung hat sich mittlerweile etwas gebessert. Ich bekomme zwar mit, dass sie Alptr?ume plagen aber zumindest ist ihr fr?hliches Selbst wieder deutlich ?fter pr?sent. Somit lenkt sie mich zumindest ganz gut von meinem grummelnden Magen ab. Wir haben mehrere Hasen, Füchse, Rehe und Wildschweine gesehen. Hin und wieder h?ren wir auch mal Wolfsheulen. Allerdings scheinen die Rufe zum Glück immer weit weg zu sein. Laut Clara haben W?lfe ein ?hnliches Level wie Eber und mit Level 30 ist der letztgenannte bereits eine t?dliche Gefahr. Allerdings ist wohl aktuell keine Brunftzeit, weshalb die Tiere relativ harmlos sind. Wir haben in unserer Not probiert einen Hasen zu jagen. Die Langohren sind zwar blo? Level 8-12 aber verflixt zügig unterwegs. Clara hat einen in meine Richtung gescheucht und ich habe ihn mit einem Manabolzen gerade noch so erwischt. Allerdings ist von dem Kadaver nicht viel übrig geblieben. Pfeil und Bogen sind nunmal doch deutlich besser zur Jagd geeignet, als magische, explodierende Kugeln.

  Am n?chsten Tag haben wir auch mal Glück und entdecken mehrere Büsche voller Himbeeren. Die Beeren sind k?stlich und halten den Hunger zumindest klein. Zum Ausgleich für unseren Fund, beschenkt uns der Himmel mit drei Tage Dauerregen. Nass, hungrig, kaputt und unterkühlt erreichen wir schlie?lich Nistelheim. Wie auch Mirheim liegt das beschauliche Dorf auf einer Waldlichtung. Die Wache grü?t uns aus einem kleinen Unterschlupf am Wegesrand, verlangt 8 Sil und l?sst uns passieren. Das Gasthaus ist schnell ausgemacht und mit einem kr?ftigen Ruck ?ffne ich die Tür. Sofort empf?ngt mich die W?rme des Kamins. Eine absolute Wohltat nach den letzten Tagen. Ein paar G?ste widmen uns kurz einen flüchtigen Blick, bevor sie sich wieder ihrem eigenen Tisch zuwenden. Das Level der Leute ist durchschnittlich etwas h?her als in Mirheim. Die Meisten befinden sich zwischen Level 38-43. Allerdings sind auch eine handvoll Rang 2 Leute pr?sent. Einer davon ist der wuchtige Mann hinter der Bar.

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  “Willkommen in Nistelheim meine Freunde. Das Wetter hat euch ja ganz sch?n zugesetzt”, worauf der Herr sich ein herzhaftes Lachen nicht verkneifen kann. “Was kann ich für euch tun?” Ich brauche einen Moment um meine Fassung wiederzugewinnen. Der Wirt stellt uns für je 6 Sil die Nacht gerne ein Zimmer zur Verfügung. Die Mahlzeiten kosten extra. Allerdings fühle ich mich eine halbe Stunde sp?ter in frischen Klamotten und mit einem dampfenden Teller Gulaschsuppe vor mir wie neugeboren. Die Mahlzeit schmeckt hervorragend und war die 10 Sil allemal wert. Au?erdem bleiben mir selbst nach diesen Ausgaben immer noch 107 Sil übrig. Das ist nicht nur die gr??te Summe, welche ich jemals besessen habe, sie passt auch nicht mehr in meinen Geldbeutel. W?hrend ich meinen Geldbeutel im Inventar verstaue, befinden sich die restlichen Münzen in meinem Rucksack. Vielleicht kann ich ja hier oder sp?testens in Torfbergen eine gr??ere Aufbewahrungsm?glichkeit erwerben.

  Clara leistet mir am Tisch Gesellschaft und scheint selber mit dem Essen mehr als zufrieden zu sein. Für mich pers?nlich ist dieses Gasthaus eine v?llig neue Erfahrung. Keine b?sen Blicke, niemand der mich anp?belt, es ist einfach sch?n nicht als Abweichler erkannt zu werden.

  Am darauffolgenden Tag gilt es sich um eine entsprechende Mitnahmem?glichkeit nach Torfbergen zu kümmern. Laut dem Wirt haben wir wohl die besten Chancen, wenn wir in der Abenteurergilde nachfragen. Diese f?llt im Vergleich zu Mirheim deutlich kleiner aus. Die Verwalterin verr?t uns, dass in zwei Tagen ein H?ndler aus Torfbergen erwartet wird. Dieser nimmt wohl gegen eine Gebühr auch Leute mit. Wieviel die Reise uns allerdings kostet, konnte uns die nette Frau leider nicht sagen.

  Tats?chlich müssen wir vier Tage auf den H?ndler warten. Langsam kriecht die Karawane, welche aus drei Wagen besteht, ins Dorf. Es herrscht trotz des anhaltenden Regens ein heiteres Treiben in Nistelheim. Offenbar sind H?ndler aus der n?chstgelegen Stadt eine Seltenheit. Der Mann, welchen ich auf Anfang drei?ig sch?tze, kann mit seinem Helfer gar nicht schnell genug den Stand aufbauen, ohne das ihm die Leute die Waren aus der Hand reissen. Der H?ndler hat ein Level jenseits des zweiten Ranges, w?hrend sein Gehilfe Level 35 ist. Begleitet werden die beiden von vier Personen deren Level ich ebenfalls nicht sehen kann. Lediglich die Bogenschützin und Schwertk?mpfer scheinen darauf zu achten, dass niemand etwas klaut, w?hrend der Magier und die letzte Person, dessen Klasse ich nicht direkt erahnen kann, sich mit anderen Dingen besch?ftigen.

  Da gefühlt das ganze Dorf an den Stand dr?ngt, warte ich erstmal bis der Sturm sich gelegt hat. Schlie?lich erhalte auch ich meine Chance mit dem H?ndler zu reden: “Willkommen bei Karls fahrenden Laden. Was kann ich für dich tun?”, fragt mich der H?ndler in einem freundlichen Tonfall. “Ich wollte fragen, ob man bei ihnen mit nach Torfbergen fahren kann. Meine Gef?hrtin und ich würden selbstverst?ndlich dafür bezahlen.” Der Mann nickt mir kurz zu. “Wir k?nnen gerne darüber verhandeln. Allerdings würde ich mich gerne zun?chst um die wartende Kundschaft kümmern. Ich werde die Nacht heute im Gasthaus verbringen. Sprich mich also heute Abend einfach dort an.” Ich erwidere das L?cheln des H?ndlers mit einem Nicken und trete vom Stand zurück.

  Den restlichen Tag verbringen Clara und ich mit einer Mission für die Abenteurergilde.Wir sollen lediglich dabei helfen ein paar B?ume zu f?llen und diese zu entasten. Ein oder zwei Manabolzen genügen um die meisten B?ume zu f?llen. Claras Schwert macht wiederum mit dem Kleinholz kurzen Prozess. Wir bekommen zwar nur einen Erfahrungspunkt pro fertigem Baum aber das ist immer noch besser als einfach nur darauf zu warten, dass der Tag um ist.

  Somit kehren wir am frühen Abend ins Gasthaus zurück. Der H?ndler ist bereits mitsamt seiner Begleitung vor Ort und w?rmt sich am Feuer auf. Wir schlüpfen in ein paar trockene Sachen und gesellen uns zu ihm. “Ah der Magier von heute Mittag, diesmal sogar in Begleitung. Bitte setzt euch”, spricht der H?ndler und rutscht ein wenig zur Seite. Ich nicke den vermeintlichen Abenteurern zu und setze mich dankbar hin. “Das System hat mal wieder alle Schleusen gleichzeitig ge?ffnet nicht wahr? Wir wollten eigentlich schon vor ein paar Tagen hier sein aber dank des Regens sind die Stra?en ein einziges Schlammloch”, beschwert sich der H?ndler. “Nun gut, reden wir übers Gesch?ft. Ihr beide sucht also eine Mitfahrgelegenheit nach Torfbergen richtig?” “So ist es. Wir würden gerne uns einmal die Stadt ansehen und die M?glichkeiten, die sich dort für Abenteurer bieten nutzen.” “Ha, das ist die richtige Einstellung!”, posaunt der Krieger und f?ngt sich von der Bogenschützin umgehend einen Schlag auf die Schulter ein.

  Der H?ndler schüttelt nur kurz mit dem Kopf. “Entschuldige ihre Manieren. Ich habe Platz für zwei weitere Personen. Allerdings muss ich auf den Rückweg noch an zwei weiteren Orten halten. Wir werden also vermutlich erst in 3-4 Wochen nach Torfbergen zurückkehren.” “Das sollte für uns kein Problem sein”, schaltet sich Clara ein. “Was kostet die Mitnahme?” “80 Sil pro Person”, entgegnet uns der Mann. “Das ist zuviel”, erwidert Clara umgehend. “Davon k?nnten wir selber einen Rang 2 Abenteurer anheuern, der uns auf den Weg begleitet.” Der H?ndler nickt zustimmend: “Das ist sicherlich richtig. Allerdings w?rt ihr dann wesentlich langsamer unterwegs und h?ttet kein schützendes Dach über dem Kopf. Au?erdem ist der Weg in die Stadt alles andere als ungef?hrlich. Ich habe die vier Personen hier, wobei er auf die Abenteurer zeigt, nicht aus Spa? rekrutiert. Ihr seid sicherlich selber begabte K?mpfer, nur wei? man nie, was einen da drau?en erwartet.” “Wenn sie sowie Platz auf dem Rückweg übrig haben, verdienen sie gar nichts mit dieser Leerfahrt,” wende ich ein. “70 Sil pro Person.” “75 Sil”, entgegnet mir der H?ndler.

  Ich schaue kurz zu Clara hinüber und wir willigen schlie?lich ein. “Hervorragend, wir fahren morgen sobald die Sonne am Horizont steht. Wenn ihr zu sp?t seid, kann ich nichts für euch tun. Willkommen an Bord von Karls fahrenden Laden!”

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